Tyranus Blog

Thimbleweed Park

14. April 2017 | 4 Minuten zu lesen

Das neue Adventure von Ron Gilbert und Gary Winnick ist da. Nach Ron Gilberts letztem Spiel The Cave, das einen relativ hohen Bekanntheitsgrad genoss, hatten sich die beiden Maniac Mansion Erfinder im Jahr 2014 in einer Kickstarter Kampagne zusammengetan, um ein klassisches Adventure im Stile von Maniac Mansion und Monkey Island zu schaffen. Knapp 16.000 Unterstützer trugen 600.000 Dollar zusammen und so konnten sie das Spiel im März 2017 knapp ein Jahr nach Plan veröffentlichen.

Der Körper beginnt schon zu verpixeln Herausgekommen ist ein Spiel das sich anfühlt und aussieht wie sich Fans von Maniac Mansion und Monkey Island heute die Spiele aus ihrer Erinnerung heraus vorstellen. Die Pixeloptik mit gezeichneten Hintergründen hat tatsächlich nur den Anschein so auszusehen wie das Original Maniac Mansion. Im direkten Vergleich erkennt man immerhin den Zeichenstil, besonders bei den Figuren. 1 Ansonsten scrollt Thimbleweed Park butterweich und setzt Lichteffekte oder wabernde Bildübergänge ein, die früher undenkbar gewesen wären. Auch spielerisch erinnert es an die alten Lucasarts Adventures, da es typische Kombinier-Rätsel mit Hilfe des bekannten Verben-Interfaces einsetzt. Die Rätsel sind in den meisten Fällen logisch. Wenn ich mal hing und in der Lösung nachgeschaut habe, kam ich fast immer zu dem Schluss: Da hättest du durch Konzentration und erneutem Ansehen aller Gegenstände auch selbst drauf kommen können. Der Spieler spielt ganz im Stile von Maniac Mansion gleich mehrere Charaktere. Für viele Rätsel ist es egal mit welchem Charakter sie gelöst werden. Bei anderen jedoch nicht. Für einige Rätsel ist auch die Zusammenarbeit der Charaktere notwendig. Worüber man hinweg kommen muss ist, dass ein Charakter instantan neue Informationen kennt, die ein anderer Charakter erfahren hat. Denn letztlich besitzen die Charaktere ein geteiltes Gedächtnis: Das des Spielers. Sonderlich tiefgehend sind Charaktere und Geschichte im ersten Anschein allerdings nicht. Aber auch das war früher nicht anders.

Viel Bezug auf frühere Adventures

Neben der Optik ist der inhaltliche Bezug zu den alten Adventures das was bei den früheren Fans Nostalgiegefühle wecken soll. So ist dem Spiel keine Anspielung zu billig. Aber auch damit steht Thimbleweed Park in guter Lucas Arts Tradition. Anspielungen auf die Zahl 1138, Chuck die Pflanze, benzinlose Kettensägen und nicht zuletzt Lucas Arts selbst sind da fast Pflicht. In der oben abgebildeten kurzen Zirkusszene haben die Entwickler z.B. Charaktere aus Maniac Mansion, Zak McKracken und Monkey Island eingefügt.

Unterstützer stark einbezogen

Besonders ist die Einbettung der Unterstützer in das Spiel. Je nach Höhe der Unterstützung konnten die Spender entweder Texte für Buchseiten oder Tonaufnahmen für Anrufbeantworter einsenden, die die Entwickler dann ins Spiel eingefügt haben. So kann der Spieler tausende Buchseiten in Bibliotheken lesen oder die Namen der Unterstützer aus dem Telefonbuch anrufen und sich deren Nachricht anhören. Ein hoher Anteil der Anrufbeantwortersprüche ist auf Deutsch.

Fazit

Im Vorfeld bin ich davon ausgegangen das Spiel nicht durchzuspielen denn heute motivieren mich die stark von der Geschichte getriebenen Nachfolger des Adventure-Genres wie Life is Strange oder Firewatch mehr. Das hat mich von der Unterstützung aber nicht abgehalten. Schließlich ging es um Ron Gilbert. Und tatsächlich war ich nach einer guten Woche und etwa dreizehn Spielstunden auch durch. Vor allem der Nostalgieaspekt hat dem Spiel viel Atmosphäre gegeben. Aber auch zum Ende hin wurde es völlig unerwartet auf mehreren Ebenen noch einmal richtig interessant. Ein paar Mal habe ich dann aber doch in die Lösung geschaut, weil ich genervt war zu lange zu hängen. In mehreren Fällen lag es dann aber daran, dass ich zu oft unterbrochen habe und Dinge die ich zuvor erfahren hatte schon nicht mehr präsent waren. Neben dem Spielerlebnis war während der Entwicklung für mich auch sehr interessant den regelmäßigen Thimbleweed Park Podcast2 zu hören, in dem die Entwickler als Standup Meeting darüber sprechen was sie in der letzten Woche gemacht haben und in der folgenden Woche tun werden. In dem Zusammenhang ist Thimbleweed Park für mich nicht nur als Spiel ein Erlebnis, sondern durch die ständige Transparenz auch als Teilnahme an einem Entwicklungsprojekt für ein Adventure-Spiel.


ACHTUNG: Ab hier Gefahr von Spoilern

Ein Kommentar auf das Adventure an sich

Marcel-André Casasola Merkle äußert im Podcast Fanboys - Folge 289 ab Minute 33 die interessante These, Thimbleweed Park sei ein „Kommentar auf das Adventure an sich“ oder „ein Assay über Adventure-Spiele als Adventure-Spiel“. So sei der Ort Thimbleweed Park gleichzusetzen mit den Adventure Games™. Ein heruntergekommener Ort, an dem jeder zweite Laden geschlossen und insgesamt nichts mehr los sei. Alles in allem ein mehrfaches Inception-Paket.

  1. Wer sich für 8-Bit und 8-Bittish Grafikstil interessiert, dem sei ein Talk von Mark Ferrari auf der GDC 2016 nahegelegt, in dem sich auch viele Grafiken von Thimbleweed Park wiederfinden. 

  2. https://blog.thimbleweedpark.com/podcast1