Tyranus Blog

10 Jahre Crystal Skull

27. Mai 2018 | 5 Minuten zu lesen

Es gehört zum guten Ton zu sagen, Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull sei ein schlechter Film und mit dem Meme zu kokettieren, einen vierten Indiana Jones Film gäbe es nicht. Grund genug nach zehn Jahren den Film auszugraben und mal wieder anzusehen.

Ich dürfte ihn nun insgesamt so um die vier Mal gesehen haben. Schlecht fand ich ihn nie und das - Skandal - obwohl ich mich als eingefleischten Indy Fan bezeichnen würde. Ich kann zum Teil verstehen, warum Fans früherer Filme mit Crystal Skull Probleme haben. Das hängt vor allem damit zusammen, dass zwischen Teil 3 und 4 so viel Zeit vergangen ist und man sich die Frage schon stellen kann, ob es nötig ist nach so langer Zeit die Reihe nochmal fortzuführen. Harrison Ford war 2008 schon älter als Sean Connery zu Zeiten von Last Crusade. Sich die Frage zu stellen, ob Sequels generell nötig sind ist bei dem schon viertel Teil einer Reihe jedoch müßig und die Frage wie der Film mit der vergangenen Zeit umgeht greife ich später nochmal auf.

Filmhandwerk

Ich halte den Film zum einen für einen ziemlich gelungenen Abenteuerfilm im Stile eines Steven Spielberg und zum anderen fügt er sich handwerklich so gut in die Indy Reihe ein, wie jeder andere der Filme auch. Beispielhaft sei hier die hervorragende Choreographie der Action-Sequenzen zu nennen. Genauer: Kämpfe auf sich relativ zueinander bewegenden Objekten. Genau wie auch in den vorherigen Filmen, ist es in Crystal Skull eine Freude dabei zuzusehen, wie Personen zwischen nebeneinander fahrenden Fahrzeugen hin und her wechseln oder wie die Handlungen verschiedener Personen dabei ineinandergreifen. Beispielhaft sei nur die Szene ziemlich früh im Film erwähnt, bei der Indy als Beifahrer hinter Mutt von dessen Motorrad durch das Rückfenster eines Autos gezogen wird, sich quer über die Rückbank kämpft, um dann zum richtigen Zeitpunkt auf der anderen Seite aus dem Fenster wieder hervorzukommen, sich an das Motorrad dranzuhängen, das ihn hinter sich herzieht und Mutt ihn durch ein kurzes Bremsmanöver wieder aufsitzen lässt. Generell ist der Film genau wie Raiders und Last Crusade aufgebaut. Es handelt sich um eine stetige Reise, bei der sich Action-Sequenzen (Kämpfe oder Verfolgungsjagden) mit ruhigeren Szenen abwechseln, die die weiteren Reiseabschnitte erklären und vorbereiten.

Gerade in der ersten Stunde kommt bei mir nie Langeweile auf. Auch die Referenzen auf vorherige Filme, wie die Bundeslade im Lagerhaus oder Bildnisse von Henry Jones Sr. und Marcus auf dem Campus sind stimmig eingefügt und musikalisch mit den entsprechenden Themen der beiden Filme untermalt. Erst nachdem Indy und Mutt den Chrystal Skull gefunden haben und gefangen worden sind, kommt im Lager der Russen bei mir für einen kurzen Moment etwas Langeweile auf, die aber durch die anschließende rasante Fahrt ins Finale auch sofort wieder verschwindet. Ein großer Kritikpunkt ist auch immer Shia LeBeouf. Doch nicht einmal ihn fand ich nervig oder peinlich bei meinem Rewatch. Im Gegenteil: Durch das Zusammenspiel mit Harrison Ford ergaben sich fast immer witzige Szenen und Dialoge, inklusive Anspielungen auf Gespräche zwischen Indy und seinem Vater - nur diesmal mit verteilten Rollen. Selbst mit der (nicht stattgefundenen) Hut-Übergabe am Ende wird trefflich gespielt.

Aber der Kühlschrank - und UFOs - also Bitte!

Immer wieder höre ich, wie dämlich doch die Szene mit dem Kühlschrank und der Atombombe sei. Vergleicht man Crystal Skull mit der Tagesschau kann ich zustimmen. Das ist aber unfair. Im Vergleich mit anderen Indy-Filmen ist die Szene stimmig. Ich habe sie schon im Kino abgefeiert und mir geht es zehn Jahre später nicht anders. Der Atombombentest ist auch nur ein Symptom mit dem ich begründen will, warum der Film nicht nur handwerklich, sondern auch vom Drehbuch her durchaus konsequent ist. Griffen die früheren Indy-Filme stets beliebte popkulturelle Referenzen aus den 30er Jahren auf (also Nazis), so macht Crystal Skull genau das zwei Dekaden später. Schon in der Eröffnungsszene mit entsprechenden Cabrios und Musik fühlt man sich sofort in die USA der 50er geworfen. Und die Referenzen reißen nicht ab. Natürlich sind der neue Feind die Russen. Während Verfolgungsjagden kommt Indy an Anti-Kommunisten-Demos vorbei, das FBI sieht ihn als Landesverräter während er mit Raketentestzügen durch die Wüste saust. Selbst Mutt als halbstarker James Dean mit Lederjacke, Motorrad, Messer und Kamm passt wie die Faust aufs Auge. Warum sollte Atomkraft als Wunder der 50er und der unreflektierte Umgang mit derselben da lächerlich wirken. Duck & Cover hieß die Parole in damaligen Lehrvideos und die Kühlschrankszene parodiert hervorragend den Zeitgeist. Aber gibt es da nicht noch etwas wichtiges, das in keiner popkulturistischen Anspielung an die 50er Jahre fehlen darf? Was wenn nicht UFOs! Warum UFOs nicht zu Indy passen sollen, während ganz sicher die Bundeslade, der heilige Gral oder die Sankara-Steine passend sind, ist auch nicht zu erklären. Genau wie die anderen erwähnten Objekte fügt sich der UFO Plot in archäologisch relevante Szenen wie Nazca oder südamerikanische Pyramiden ein. Und ob die bösen Buben (und Mädels) durch den Zorn Gottes oder wütende Alien-Blicke Feuer Fangen stört mich auch nicht. Selbst der Soundtrack Call of the Crystal klingt, als hätte ihn Bernard Herrmann (Hitchcocks Haus- und Hofkomponist der 50er und eines von John Williams Vorbildern) selbst geschrieben.

Fazit

Alles in allem hat mir Crystal Skull viel Spaß bereitet und ich kann auch nach zehn Jahren nicht verstehen, warum der Film objektiv verglichen mit den vorherigen Filmen auf so viel Ablehnung trifft. Er bleibt sich handwerklich treu und versucht eben nicht den in dieser Zeit allgegenwärtigen Reboot, sondern erzählt die Geschichte weiter. Harrison Ford ist zwar alt und man kann sich schon fragen, warum das nochmal sein muss, nachdem er die letzten 20 Jahre nur noch Anzugträger gespielt hat. Aber hey - er hat’s trotzdem noch drauf. 1

  1. Das verwendete Bildmaterial ist Eigentum von The Walt Disney Company